Papst Franziskus hat das Heilige Jahr der Göttlichen Barmherzigkeit ausgerufen in der Hoffnung, dass die Menschen besser das grundlegende Geheimnis unseres Glaubens kennenlernen: Gott, der voller Mitleid und Barmherzigkeit ist, der alles was er geschaffen hat liebt, und der nicht müde wird sich selber zu schenken, damit die Menschen bleibendes Glück erlangen. Die Barmherzigkeit des Heiligen Jahres hilft uns, von der Sünde und von den Gewohnheiten abzulassen, die uns selber, die anderen oder der Schöpfung schaden, und der Liebe Gottes uns zu öffnen. Gott ist ein barmherziger Vater, der die Rückkehr seiner Kinder zu sich ersehnt und der beim allerersten Zeichen einer Umkehr zur Stelle ist.
Der Jubiläumsablass ist ein besonderes Geschenk, das die Rückkehr zum Haus des Vaters erleichtern soll. Er löscht nämlich die Last früherer Sünden aus, das Joch schlechter Gewohnheiten. Die früheren Sünden sind vergleichbar mit einem Gewicht, das den Schwimmer nach unten zieht, der ihn am Schwimmen hindert oder ihn sogar ertrinken lässt. Werfen wir diesen unnötigen Balast ab!
Ablassbestimmungen für das Jubiläum der Barmherzigkeit
Der Jubiläumsablass wird erlangt dadurch, dass:
- Eine (kurze) Pilgerfahrt unternommen wird, die mit dem Durchschreiten der Heiligen Pforte endet;
- Das Glaubensbekenntnis gesprochen wird sowie das Gebet nach Meinung des Heiligen Vaters verrichtet wird (gewöhnlich ein Vaterunser, ein Ave Maria und Ehre sei dem Vater);
- Die sakramentale Beichte und die Mitfeier der heiligen Messe. Das sind also bis hierher die sogenannten gewöhnlichen Bedingungen, sie werden ergänzt durch eine verpflichtende
- Betrachtung über die Barmherzigkeit Gottes, beziehungsweise der Tugend der Barmherzigkeit aufseiten des Menschen.
Papst Franziskus erinnert an die sieben leiblichen und die sieben geistlichen Werke der Barmherzigkeit. Damit will er diese wiederbeleben und fördern, indem er sie zu Ablasswerken erklärt, durch deren Vollbringung man also während des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit den Jubiläumsablass gewinnen kann.
Die leiblichen Werke der Barmherzigkeit lauten:
Hungrige speisen,
Dürstende tränken,
Fremde beherbergen,
Nackte bekleiden,
Kranke pflegen,
Gefangene besuchen,
Tote begraben.
Die geistlichen Werke der Barmherzigkeit sind:
Unwissende belehren,
Zweifelnden recht raten,
Trauernde trösten,
Sünder zurechtweisen,
Dem Beleidiger verzeihen,
Unrecht duldsam ertragen,
Für Lebende und Verstorbene beten.
Dazu schreibt der Papst: „Jedes Mal, wenn die Gläubigen eines oder mehrere dieser Werke selbst tun, werden sie gewiss den Jubiläumsablass erlangen. (…) Es wird sich um einen Vollkommenen Ablass handeln.”
AUS Misericordiae Vultus, VERKÜNDIGUNGSBULLE
DES AUSSERORDENTLICHEN JUBILÄUMS DER BARMHERZIGKEIT
Jesus Christus ist das Antlitz der Barmherzigkeit des Vaters. Das Geheimnis des christlichen Glaubens scheint in diesem Satz auf den Punkt gebracht zu sein. In Jesus von Nazareth ist die Barmherzigkeit des Vaters lebendig und sichtbar geworden und hat ihren Höhepunkt gefunden. Der Vater, der » voll des Erbarmens « ist (Eph 2,4), der sich Mose als » barmherziger und gnädiger Gott, langmütig, reich an Huld und Treue « (Ex 34,6) offenbart hatte, hat nie aufgehört auf verschiedene Weise und zu verschiedenen Zeiten in der Geschichte seine göttliche Natur mitzuteilen. Als aber die » Zeit erfüllt war « (Gal 4,4), sandte Er, seinem Heilsplan entsprechend, seinen Sohn, geboren von der Jungfrau Maria, um uns auf endgültige Weise seine Liebe zu offenbaren. Wer Ihn sieht, sieht den Vater (vgl. Joh 14,9). Jesus von Nazareth ist es, der durch seine Worte und Werke und durch sein ganzes Dasein die Barmherzigkeit Gottes offenbart.
In den Gleichnissen, die von der Barmherzigkeit handeln, offenbart Jesus die Natur Gottes als die eines Vaters, der nie aufgibt, bevor er nicht mit Mitleid und Barmherzigkeit die Sünde vergeben und die Ablehnung überwunden hat. Wir kennen von diesen Bildreden drei ganz besonders: die Gleichnisse vom verlorenen Schaf und von der wiedergefundenen Drachme und das vom Vater und seinen beiden Söhnen (vgl. Lk 15,1-32). In diesen Gleichnissen wird besonders die Freude des Vaters im Moment der Vergebung betont. Darin finden wir den Kern des Evangeliums und unseres Glaubens, denn die Barmherzigkeit wird als die Kraft vorgestellt, die alles besiegt, die die Herzen mit Liebe erfüllt und die tröstet durch Vergebung.
Das Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht enthält eine tiefe Lehre für jeden von uns. Jesus stellt fest, dass Barmherzigkeit nicht nur eine Eigenschaft des Handelns Gottes ist. Sie wird vielmehr auch zum Kriterium, an dem man erkennt, wer wirklich seine Kinder sind. Wir sind also gerufen, Barmherzigkeit zu üben, weil uns selbst bereits Barmherzigkeit erwiesen wurde. Die Vergebung von begangenem Unrecht wird zum sichtbarsten Ausdruck der barmherzigen Liebe, und für uns Christen wird sie zum Imperativ, von dem wir nicht absehen können. Wie schwer ist es anscheinend, immer und immer wieder zu verzeihen! Und doch ist die Vergebung das Instrument, das in unsere schwachen Hände gelegt wurde, um den Frieden des Herzens zu finden. Groll, Wut, Gewalt und Rache hinter uns zu lassen, ist die notwendige Voraussetzung für ein geglücktes Leben.
Wie man sieht, ist die Barmherzigkeit in der Heiligen Schrift das Schlüsselwort, um Gottes Handeln uns gegenüber zu beschreiben. Er beschränkt sich nicht darauf seine Liebe zu beteuern, sondern er macht sie sichtbar und greifbar. Tatsächlich kann die Liebe nie ein abstrakter Begriff sein. Aus ihrer Natur heraus ist sie stets konkrete Wirklichkeit: Absichten, Einstellungen und Verhalten, die sich im tagtäglichen Handeln bewähren. Die Barmherzigkeit Gottes entspringt seiner Verantwortung für uns. Er fühlt sich verantwortlich, d.h. Er will unser Wohl, und Er will uns glücklich sehen, voller Freude und Gelassenheit. Auf der gleichen Wellenlänge muss die barmherzige Liebe der Christen liegen. Wie der Vater liebt, so lieben auch seine Kinder. So wie Er barmherzig ist, sind auch wir berufen untereinander barmherzig zu sein.
Das Gebet von Papst Franziskus zum Jubiläeum
Herr Jesus Christus,
du hast uns gelehrt, barmherzig zu sein wie der himmlische Vater,
und uns gesagt, wer dich sieht, sieht ihn.
Zeig uns dein Angesicht, und wir werden Heil finden.
Dein liebender Blick
befreite Zachäus und Matthäus aus der Sklaverei des Geldes;
erlöste die Ehebrecherin und Maria Magdalena davon,
das Glück nur in einem Geschöpf zu suchen;
ließ Petrus nach seinem Verrat weinen
und sicherte dem reumütigen Schächer das Paradies zu.
Lass uns dein Wort an die Samariterin so hören,
als sei es an uns persönlich gerichtet:
„Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht!“
Du bist das sichtbare Antlitz des unsichtbaren Vaters
und offenbarst uns den Gott, der seine Allmacht vor allem
in der Vergebung und in der Barmherzigkeit zeigt.
Mache die Kirche in der Welt zu deinem sichtbaren Antlitz,
dem Angesicht ihres auferstandenen und verherrlichten Herrn.
Du wolltest, dass deine Diener selbst der Schwachheit unterworfen sind,
damit sie Mitleid verspüren mit denen, die in Unwissenheit und Irrtum leben.
Schenke allen, die sich an sie wenden,
die Erfahrung, von Gott erwartet und geliebt zu sein
und bei ihm Vergebung zu finden.
Sende aus deinen Geist und schenke uns allen seine Salbung,
damit das Jubiläum der Barmherzigkeit ein Gnadenjahr des Herrn werde
und deine Kirche mit neuer Begeisterung
den Armen die Frohe Botschaft bringe,
den Gefangenen und Unterdrückten die Freiheit verkünde
und den Blinden die Augen öffne.
So bitten wir dich,
auf die Fürsprache Marias, der Mutter der Barmherzigkeit,
der du mit dem Vater in der Einheit des Heiligen Geistes
lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
Amen.
Beichte, geistlicher Rat, Exerzitien
Eine Wallfahrt ist eine alte christliche Frömmigkeit, deren Ziel die Nähe des Menschen zu Gott ist. Diese Nähe oder Aussöhnung mit Gott schließt auch die Aussöhnung mit den Menschen unter der Schöpfung ein. Deshalb ist eine Wallfahrt nicht ein einmaliges Ereignis, sondern ein Prozess. In der Zeit, als es keine Eisenbahn, Autos oder Flugzeuge gab, dauerte eine Wallfahrt mehrere Tage, Wochen oder sogar Monate. In dieser Zeit konnte der Pilger, abgeschieden von den alltäglichen Arbeiten und den Kontakten zum Menschen, mit Gottes Hilfe seich selbst und die Welt besser kennen lernen. Ähnlich wie sich bei einem Bergsteiger am Gipfel der Horizont eröffnet, eröffnet sich auch dem Pilger der geistige Horizont, damit er besser sehen kann, welches Ziel er in seinem Leben hat und welcher Weg ihn dazu führen wird.
Im Lichte dieser Erkenntnis sieht der Pilger auch Seitenwege, die ihn nicht zum Ziel bringen. Bei der Beichte, die das Sakrament der Aussöhnung mit Gott und den Menschen ist, bedauert der Pilger all seine Taten, seine Entscheidungen und all die Nachlässigkeit, wodurch er vom Ziel abgekommen ist. Im Bewusstsein, dass Gott das, was für ihn und für die Menschen gut ist, wünscht, gibt er sich seiner Gnade und der Fürbitte der göttlichen Mutter und der Heiligen hin, die ihm auf seinem Lebensweg helfen. Bei der hl. Messe und bei der Kommunion, in der Gemeinschaft der Christen, die zum gleichen Ziel eilen, empfängt er Nahrung für den Weg, der vor ihm liegt. Nachhause kehrt er mit einer tieferen Erkenntnis und neuer Kraft für Entscheidungen, die ihn zur Aussöhnung und Zusammenleben mit sich selbst, mit den Nächsten und der Schöpfung führen wird, zurück.
Die Heilige Schrift beginnt mit der Beschreibung der Schöpfung der Welt und des Menschen. In die Harmonie, die von Gott geschaffen wurde, brachte der Mensch Entweihung und den Tod. Die Erzählung über die Erbsünde stellt uns einen Menschen vor, der nicht damit zufrieden ist, was Gott für ihn geschaffen hat, er will nämlich mehr. Der Paradiesgarten, in den Gott den Menschen gestellt hat, ist ein Symbol dafür, dass er alles hat, was er braucht. Doch anstatt sich daran zu erfreuen und Gott dankbar zu sein, will der Mensch noch mehr: er will wie Gott werden. Das Resultat ist tragisch: er wird nicht wie Gott – überdies verliert der Mensch das Paradies, das heißt, dass er in eine grausame und feindliche Welt gestellt wird.
Die Erbsünde, aufgrund der wir Menschen nicht dankbar sein können, und zwar dafür, was wir haben, und auch nicht in Frieden das genießen können, was Gott uns gibt, bringt Unruhe und Hass in die zwischenmenschlichen Beziehungen. Im Mitmenschen sehen wir nicht mehr den Bruder oder die Schwester, ein Kind Gittes, sondern einen Konkurrenten. Geboren werden Neid, Begierde und Hass. Ähnlich ist es mit der Schöpfung. Wir verstehen sie nicht mehr als freundliches Heim, das Gott uns bereitet und anvertraut hat. Es wird unfreundlich und Gegenstand unserer Ausbeutung. Auch die Erde leidet wegen der Sünde des Menschen. Darüber schreibt Papst Franziskus überzeugend im Rundschreiben Laudato sì.